Alte Musik


Zum ersten Mal in den neuen Bundesländern: Chor- und Instrumentalwoche

Alte Musik für alte Hasen auf alten Instrumenten


am Seddiner See südlich von Potsdam

Den ganzen Text zum Ausdrucken und Nachlesen gibts auch als PDF-Datei.

Am 21. Oktober 2008 begann die erste Chor- und Instrumentalwoche in den neuen Bundesländern unter dem Motto ‚Alte Musik für alte Hasen auf alten Instrumenten’.

Anläßlich des 60. Geburtstages der ‚Werkgemeinschaft für Musik’2007 in wurde in Altenberg lebhaft darüber diskutiert, dass die Werkgemeinschaft neben ihren bisher an den Interessen der alten Bundesländer orientierten und jugend- und familienfreundlichen Angeboten auch zukunftsorientiert weiterblicken sollte, d.h., das bisherige Programm (Essen, Burg Gemen, Trier, St. Thomas, die Wies) ausdehnen sollte auf die neuen Bundesländer. Für uns ‚Nordlichter’ war eine Reise nach Steingaden immer kostspielig und zeitaufwendig; viele haben es sich trotzdem nicht nehmen lassen, zur ‚Wies’ oder nach ‚St. Thomas’ zu fahren. Aber eine im Sinn der Gründungsgedanken hier in Brandenburg angebotene Musikwoche, das war einen Versuch wert. Und das Motto ‚Alte Musik, alte Hasen, alte Instrumente’ zog ganz offensichtlich so, dass die Anmeldungen aus dem Westen die aus der näheren Umgebung übertrafen. Wir hoffen, dass dieser Erfahrungsbericht auch die Interessierten aus der näheren Umgebung für 2009 neugierig macht.

Nachdem sich Michael Witt, DKM i.R., bereit erklärt hatte, das Projekt zu leiten, lief zunächst die Suche nach einem Standort auf Hochtouren. Durch die Vermittlung von Dr. Powalla aus Potsdam gelang es, die Heimvolkshochschule am Seddiner See als Tagungsort buchen zu können. Sie ist genauso gut für unsere Bedürfnisse geeignet wie die Heimvolkshochschule in der Wies. Die Räumlichkeiten lassen nichts zu wünschen übrig, die Lage, direkt am See, perfekt, ebenso Zimmer und Verpflegung : Ein sehr gutes Preis/Leitungsverhältnis.

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Nun war nur noch abzuwarten, ob genügend Teilnehmer sich für einen Neustart anmelden würden. Aber das gelang. Immerhin 54 Teilnehmer aus den unterschiedlichsten Regionen Deutschlands (ein Teilnehmer kam sogar aus England) reisten an, und wir begannen am Dienstagabend, nach dem Abendbrot, mit einer ersten Gesamtprobe.

Der Tagesablauf folgte dem altbewährten Muster: Wies. Um 8.00 Uhr Gotteslob in einem schönen Saal mit Blick auf den See, von Teilnehmern mit sehr unterschiedlichem Gedankengut gestaltet, dann Frühstück, verlockend reichhaltig; Proben, Chor und Instrumentalisten getrennt bis 12.15 Uhr, Mittag um 12.30 Uhr, Kaffee um 14.30 Uhr, danach Arbeitskreise zur Wahl (im Arbeitskreis Werken entstanden unter der Leitung von Bettina Witt Holzbilder, die ausstellungsreif sind) und ab 16.30 Uhr wieder Chor- und Instrumentalproben, um 18.30 Uhr Abendessen, danach Plenumprobe und anschließend Tanz. Leider haben sich nicht genug Tanzwillige für eine Tanz-AG gemeldet, dafür war der nach der Plenumprobe angesagte allgemeine Tanz, sozusagen als Ausgleich für die bis dahin sitzende musikalische Beschäftigung, umso begehrter. So viel tanzwillige und tanzkundige Männer habe ich noch nie auf einer Werkgemeinschaftswoche erlebt. Der Tanzmeister, Norbert Schilke, werkwochenkundig und erfahren, meinte auch, so eine Fülle von interessierten Männern sei ihm noch nicht untergekommen.

Es waren schöne, stressfreie Tänze, voller Schwung und Humor, harmonisch und belebend nach den immerhin fast über 6 Stunden vollkonzentrierten musikalischen Einsatzes.

Wem der Sinn danach stand, der fand dann in der kleinen Bierklause (‚Hier darf jeder selber zapfen’) noch einen zünftigen süffigen ‚Abzocker’, mit angemessenen Gesprächen oder heiteren sketchreifen Albernheiten (ich erinnere mich noch innerlich kichernd an die Story im breitesten Ostpreußisch von Reinhard Luschert: „Was gibts Neues?“ – „Nu, de Anten sin platt“).

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Das wunderschöne Herbstwetter verlockte einige, sehr Verwegene sogar zu einem (allerdings ziemlich eisigen) Bad im Seddiner See. Leider war die Zeit so ausgefüllt, dass der so einladend am Steg liegende Kahn doch nicht benutzt werden konnte.

Die Chorproben erwiesen sich als sehr arbeitsreich und konzentriert, waren doch – außer im Bass, der sowohl quantitativ als auch qualitativ überlegen war – alle Stimmen zahlenmäßig dünn besetzt, vor allem, da wir überwiegend doppelchörig sangen. Leider war es gelegentlich nötig laut auszusprechen: „Disziplin ist eine Wohltat für alle!“ Diesen Satz werde ich im Gedächtnis behalten und anwenden, wenn es notwendig ist, er ist ein Leitfaden, ein Korsett, an dem man sich orientieren kann und soll. Herr Witt forderte den Chor mit Kompetenz, unermüdlichem Einsatz und zum Teil lustigen Korrekturen:

Das Einsingen strapazierte oft die Lachmuskeln, wenn es um das Duett zwischen einem Karpfen und einem hechelnden Hund ging, die Übung ‚s- sch-f’ gelang nur bei höchster Konzentration, denn auch geübteste Sänger gerieten bei der sich steigernden Schnelligkeit der unterschiedlich geforderten Laute ins Schleudern, insgesamt aber war das erzielte Ergebnis: entspanntes Singen und Leichtigkeit.

„Christen mit R! Wir tragen doch keine Kisten herum!“
„Ausatmen auf ffffffffffff- bis sie nicht mehr reden können!“

Der Gottesdienst in St. Peter und Paul in Potsdam wurde musikalisch durch unser erarbeitetes Programm gestaltet, unterstützt von Frau Dr. Schell an der Orgel.
Die Besucher waren vom Gesang des Chores, unserer Solisten, dem Spiel der Gamben und Bläser so angetan, dass sie immerhin der musikalisch ergänzten Messe andächtig folgten - fast zwei Stunden lang. Eine halbe Stunde später aßen wir Abendbrot und feierten danach ad libitum im großen und in kleinen Kreisen Abschied voneinander, vertrauter als am ersten Abend, auch unter Schmunzeln und schallendem Gelächter, weil es überraschenderweise immer auch Teilnehmer gibt, die spontan ein harmloses „Programm“ zustande bringen.

Der Sonntagmorgen gehörte der Feier unseres mit eigenem Personal gestalteten Gottesdienstes. Seiner andachtsvollen Intensität konnte sich wohl niemand entziehen.
Durch den Text unserer Chöre, durch unseren Gesang und unser Musizieren haben wir mit IHM geredet.

Gerlinde Redzich/Reinhard Luschert